Aktionsgemeinschaft
Binnendüne

    

 

zurück

      tachymetrische Messung   Geomorphologie   Baugebiete   ...   Chronologie       Kontakt   Impressum
 
  Geomorphologische Betrachtungen zur Abschätzung der Schutzwürdigkeit des äolischen Reliefs / der Binnendünen in der „Bremer Schweiz“ (Bremen-Nord)

 Dr. Matthias Alisch, Dipl.-Geogr., 02.06.2006
 

 
   
 

1. Einführung – Problemstellung

2. Geologisch-geomorphologische Definitionen

3. Schutzwürdigkeit des äolischen Reliefs in der „Bremer Schweiz“

4. Bewertung der äolischen Geotope

5. Literatur (Download)

 

 
 

1. Einführung – Problemstellung

Im Mittelpunkt nachfolgender Ausführungen stehen geomorphologische Betrachtungen, die letztlich zur Klärung der Schutzwürdigkeit des äolischen Reliefs (der Binnendünen) in der „Bremer Schweiz“ (Bremen-Nord) beitragen sollen.

Der Frage der Schutzwürdigkeit wird im Folgenden unter Beurteilung vor allem geologischgeomorphologischer Gesichtspunkte nachgegangen. Die Geologie, vor allem aber die Geomorphologie als Wissenschaft der Reliefformen der Erde, d.h. der Gestalt, Anordnung und Entwicklung der Erdoberflächenformen, generiert gegenüber den Biowissenschaften weitgehend eigenständige Schutzkriterien. Die Kriterien des Schutzes der unbelebten Natur stehen nicht immer mit den Interessen des Schutzes der belebten Natur (biowissenschaftlich motivierter Naturschutz) im Einklang und stellen diesen unter Umständen konträre Entwicklungsmaßnahmen gegenüber. Ziel sollte jedoch ein Konsens der Bemühungen zum Schutz der belebten Natur und der unbelebten Natur sein.

Die Wurzeln des Schutzes der unbelebten Natur, d.h. geologisch-geomorphologischer Objekte und Erscheinungen wie Aufschlüsse, Landschaftsformen, erdgeschichtliche Bildungen usw., greifen bis in die Frühphase der Naturschutzbewegung zurück. Sie reichen vom Schutz der Baumannshöhle im Harz 1668, über den durch Alexander von HUMBOLDT 1819 erstmals definierten Begriff des Naturdenkmals („Monument de la nature“), den Kauf des Drachenfelsens im Siebengebirge 1836, dem Schutz des Totensteins im Kreis Görlitz 1844, der Teufelsmauer bei Neinstedt am HarzNordrand 1852 und weiteren Objekten der Naturdenkmal- und Heimatschutzbewegung vor 1900, bis hin zur Einrichtung der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege für Preußen 1906, die bereits Dünen und eiszeitliche Relikte inventarisierte. Dennoch setzt bis heute die Mehrheit der Bevölkerung als auch der im Naturschutz tätigen Personen, Vereine und Verbände mit dem Begriff „Naturschutz“ den Schutz der belebten Natur gleich. Seit Anfang der 1980er Jahre, verstärkt seit Beginn der 1990er Jahre finden jedoch mit der Gründung nationaler, paneuropäischer und internationaler Geotopschutz-Arbeitsgremien die Schutzbelange der unbelebten Natur verstärkt Gehör.

Landschaftsausschnitte von besonderer geologisch-geomorphologischer Bedeutung, so genannte Geotope, sind nicht nur von wissenschaftlichem und historischem Wert, sie sind auch aus ökologischen, ästhetischen (Landschaftsbild) und pädagogischen Gründen (Veranschaulichung der Landschaftsentwicklung) bedeutsam. Seltene und beispielhaft ausgebildete Geotope verdienen besondere Aufmerksamkeit, um ihre Erhaltung – und evtl. schonende Nutzung – sicherzustellen. Geotope sind gemäß AD-HOC-AG GEOTOPSCHUTZ (1996, S. 4) „erdgeschichtliche Bildungen der unbelebten Natur, die Erkenntnisse über die Entwicklung der Erde oder des Lebens vermitteln. Sie umfassen Aufschlüsse von Gesteinen, Böden, Mineralien und Fossilien sowie einzelne Naturschöpfungen und natürliche Landschaftsteile. Schutzwürdig sind diejenigen Geotope, die sich durch ihre besondere erdgeschichtliche Bedeutung, Seltenheit, Eigenart oder Schönheit auszeichnen. ... Sie können insbesondere dann, wenn sie gefährdet sind oder vergleichbare Geotope zum Ausgleich nicht zur Verfügung stehen, eines rechtlichen Schutzes bedürfen.“

Mit den vor zehn Jahren veröffentlichten Handreichungen zum praktischen Geotopschutz, „Arbeitsanleitung Geotopschutz in Deutschland“ (AD-HOC-AG GEOTOPSCHUTZ 1996), die auch international Beachtung fand, und dem auch für andere Bundesländer beispielhaften Landschaftspflegekonzept Bayern – Lebensraumtyp Geotope (RINGLER 1998), stehen sehr gute Instrumente für den Planungsalltag zur Verfügung. Dünen als potentielles Schutzgut werden darin als eigenständige Gruppe klassifiziert! Vorliegende Betrachtungen verstehen sich ausdrücklich nicht als Gutachten zum äolischen Relief der „Bremer Schweiz“ (Bremen-Nord), dann dazu bedarf es einer intensiveren GeländeBegutachtung und -Analyse. Da die Bewertung von Geotopen zum Teil eigenständigen Maßgaben folgt, die im biologischen Naturschutz nicht unbedingt immer ein Pendant finden, und außerdem die Geotop-Bewertung in der Naturschutzplanung leider immer noch nicht durchgehend bekannt ist – Geotop-Bewertungen haben noch keine breitenwirksame Beachtung gefunden –, werden im folgenden einige zusätzliche Hinweise zur Verfahrensweise eingefügt.

 


 
Abbildung 1 + 2:  Binnendüne in der "Bremer Schweiz" (Bremen-Nord)

 

Wie andere Reliefformen (z.B. Vulkankegel, Endmoränen, Dolinen, Gletschertöpfe, Gletscherschrammen etc.) stellen auch Binnendünen nebst anderen Bestandteilen des äolischen Reliefs (z.B. Ausblasungswannen = so genannte Deflationsmulden) wichtige Dokumente der Landschaftsentwicklung dar. Äolische, d.h. durch den Wind verursachte Erosions- und Aufschüttungsformen finden sich nicht allein an den Küsten und in den Wüsten unserer Erde, sondern überall dort, wo in der jüngeren und jüngsten Erdgeschichte ausreichend ausblasungsfähige Lockergesteine offen anstanden. Flugsande zeichnen sich aus durch Korngrößen der Fein- bis Mittelsandfraktion, d.h. Korndurchmesser zwischen 0,063 und 0,63 cm. In genannten Gebieten war die Vegetationsdecke nur sehr lückenhaft ausgebildet, so dass vor allem böige Winde, charakterisiert durch ein hohes erosives Leistungspotential, günstige Angriffspunkte zur Ausblasung und Verlagerung verwehungsfähiger Sedimente fanden.

Binnendünen und Flugsandebenen sind in Mitteleuropa während der letzten Eiszeit (Weichselglazial, exakter: vom Hochglazial bis zum Spätglazial ca. 30.000 bis 10.000 Jahre vor heute) entstanden. Das Entstehungsgebiet lag weitflächig vor den Inlandeismassen im so genannten Periglazialbereich. Der Periglazialraum war durch eine den Boden nur lückenhaft bedeckende Tundrenvegetation (offene bis teiloffene Kältewüste) gekennzeichnet. Auch die Region um Bremen wies während des Weichselglazials (der letzten Eiszeit) nur eine lückenhafte Vegetationsdecke auf, so dass Sande auswehen konnten. Während des Holozäns, der sich anschließenden gegenwärtigen Warmzeit, wurden mit der Wiederbewaldung alle Flugsandgebiete befestigt. Doch es stellten sich im Zuge subrezenter und rezenter Nutzungsperioden, d.h. mit Beginn der sich ausdehnenden menschlichen Besiedlung ca. ab Atlantikum (5.000 bis 8.000 Jahre vor heute) samt extensiver Wirtschaftsweise und weit verbreiteter Übernutzungen (vor allem Heidewirtschaftssystem ab ca. 1.000 n.Chr. bis ins 19./20. Jahrhundert), erneute Sandverwehungen ein. Dabei wurden vorhandene Dünen überformt, teilweise auch neue Dünen gebildet. Da bis heute die verwehungsfähigen Sedimente in gleicher Position oberflächennah anstehen, würde sich durch einen Verlust der bodennahen Vegetationsdecke und eine Destabilisierung des Bodens eine erneute akute äolische Erosionsgefahr einstellen. Darauf ist auch bei den Entwicklungsmaßnahmen zur Ansiedlung standorttypischer Vegetationsgesellschaften Rücksicht zu nehmen.

Die Binnendünen in der Bremer Schweiz (Bremen Nord), abzugrenzen in etwa als Areal zwischen den Straßen Am Steending, Wölpscher Straße und Im Neuen Kamp, fanden bereits bei der Ende der 1960er Jahre erfolgten Binnendünen- und Flugsandebenen-Kartierung von PYRITZ (veröffentlicht 1972) Beachtung. PYRITZ gilt als Wegbereiter der modernen Binnendünen-Forschung und hat durch akribische Geländebegehungen alle bedeutenden äolischen Reliefs identifiziert. Wie Abbildung 3 zu entnehmen ist, einer Kopie aus PYRITZ (1972, Beilage 3), bildet die hier in Diskussion stehende Dünenregion eine der wenigen (noch) nachweisbaren äolischen Reliefelemente nördlich von Bremen bzw. am Unterlauf der Weser. Dies deutet bereits auf eine Schutzwürdigkeit hin.

Die Binnendünen der Bremer Schweiz werden von PYRITZ als so genannte Jungdünen klassifiziert. Es hat demnach (wahrscheinlich spätmittelalterliche bis neuzeitliche) Reaktivierungen der abgelagerten Flugsande gegeben nach der zunächst erfolgten Wiederbewaldung (nachweisbar i.d.R. durch mehrere vertikal übereinander geschaltete, verschieden alte Bodenbildungen im Dünenkörper). Das Ergebnis der Reaktivierung war einer Über- und/oder Neuformung der Binnendünen. Diese Reaktivierung der dort abgelagerten Flugsande ist Bestandteil der durch den Menschen beeinflussten Landschaftsgeschichte und kann eine Erhaltung als Zeugnis der Landschaftsgenese rechtfertigen – gleiches gilt für die in der älteren Nacheiszeit entstandenen so genannten Altdünen.

Ausgedehnte Sandabgrabungen, Einebnungen des abwechslungsreichen Dünenreliefs, landschaftsüberprägende flächenintensive Wohn-/Gewerbebebauungen haben in der Vergangenheit vielerorts unzählige Binnendünen unwiederbringbar vernichtet. Ob das zur Diskussion stehende Bebauungsvorhaben zur als bloße Fortsetzung der skizzierten Entwicklung angesehen werden kann, ist davon abhängig, inwieweit mögliche Schutzbelange des äolischen Reliefs in das Planungsvorhaben und im Planungsfortgang Eingang finden werden. Es lassen sich folgende zentrale Fragenkreise ableiten, die beantwortet werden müssen:

• Welchen geowissenschaftlichen Wert haben die vorliegenden äolischen Reliefformen?
• Wie hoch ist die Schutzbedürftigkeit der äolischen Reliefelemente?
• Welchen Grad der Schutzwürdigkeit erhalten die äolischen Reliefelemente?
• Welche Entwicklungsmaßnahmen im Sinne des Geotopschutzes wären angebracht?

 


 
Abbildung 3: Verbreitung der Alt- und Jungdünen im niedersächsischen Tiefland (Ausschnitt)
Quelle: PYRITZ 1972, Karte 3, Beilage 3

 


 
Abbildung 4: Verbreitung der Alt- und Jungdünen im niedersächsischen Tiefland (vergrößerter Ausschnitt)
Quelle: PYRITZ 1972, Karte 3, Beilage 3

 
 

2. Geologisch-geomorphologische Definitionen

Dünenreliefs zeichnen sich immer durch eine große Formenvielfalt aus. Dünen als vom Wind geschaffene Feinsedimentablagerungen zeigen in Abhängigkeit von der Windrichtung und -stärke, der Materialart und -zulieferung sowie der Untergrundbeschaffenheit und Vegetationsbedeckung ein vielfältiges Formenspektrum. Typisch für Mitteleuropa sind so genannte Parabel-, Wall-, Strich- und Kuppendünen. Dünen bestehen aus Flugsanden (Fein- bis Mittelsande), erheben sich mindestens 1,5 m über ihre nähere Umgebung und weisen ein Verhältnis von Höhe zu Breite oder Länge größer als 1:5 auf (Definition gemäß PYRITZ 1972, S. 11). Alle anderen Flugsandakkumulationen, die diesen Grundbedingungen nicht entsprechen, werden als Flugsandebenen klassifiziert, wobei der Begriff Ebene durchaus leichte Reliefierungen einschließen kann. Neben den Arealen der Flugsandakkumulation treten in nächster Umgebung oft auch Gebiete der Flugsandauswehung in Erscheinung. Diese so genannten Deflationsmulden oder -wannen sind ± geschlossene Hohlformen. Sie treten oft in enger räumlicher Vergesellschaftung mit Binnendünen auf und fallen durch ihre muldenartig-flache Gestalt innerhalb des reliefierten Dünengeländes ins Auge. Deflationsmulden werden häufig in Hauptwindrichtung halbkreisförmig eingerahmt von Bogen- bzw. Parabeldünen. Diese Tatsache führt vor Augen, dass Flugsande i.d.R. keine größeren Strecken zurücklegten, meist nur lokal in bis zu 100 m-Distanz umgelagert wurden. Dies bestätigen auch umfangreiche sedimentologische Untersuchungen aus vielen Regionen Mitteleuropas. Die enge genetische Verbindung von Deflationsgebiet(en) und Düne(n) sollte hinsichtlich der Eingrenzung potentiell schutzbedürftiger äolischer Geotope zu einer Verbundbetrachtung dieser Reliefeinheiten führen. Nicht zuletzt stellen Deflationswannen das optisch-morphologische Vorfeld der Dünen dar, von dem aus aufsitzende Dünenformen erlebbar werden.

 
 

3. Schutzwürdigkeit des äolischen Reliefs in der „Bremer Schweiz“

Zur exakten und wissenschaftlich begründeten Beurteilung der Schutzwürdigkeit des äolischen Reliefs in der so genannten Bremer Schweiz wären geomorphologische, bodenkundliche und sedimentologische Untersuchungen notwendig. Häufig entsprechen die topographischen Darstellungen in den amtlichen topographischen Karten nicht den Gegebenheiten des realen, formenreichen Dünenreliefs. Um das äolische Relief hinreichend charakterisieren zu können, wären einige Bohrungen durchzuführen (mit Tiefen von 1 bis 5,5 m), Sandproben zu entnehmen sowie bodengenetische und sedimentologische Merkmale zu bestimmen. Nach der Prüfung der Physiognomie des äolischen Reliefs sollten die Elemente des äolischen Reliefs in ihrer räumlichen Ausbreitung einzeln abgegrenzt werden. Bei dieser Geotop-Abgrenzung und Geotopaswahl tritt häufig das Problem der Erfassungsschwellen an vereinzelten Punkten hervor.

 
 

4. Bewertung der äolischen Geotope

Ähnlich wie in der Arten- und Biotopkartierung ergeben sich auch bei der Geotop-Festlegung Abgrenzungsunschärfen, allerdings stellt sich dieses Problem im Geotopschutz grundsätzlich anders dar als im Biotopschutz. Intensivlandnutzung hat i.d.R. eindeutige Sprunggrenzen zwischen den hinsichtlich des Arten- und Biotopschutzes bedeutsamen und wenig bedeutsamen Flächen geschaffen. Dahingegen bleiben die Abgrenzung erhaltenswürdiger Geotope von der Ausdehnung intensiv genutzter Flächen weitgehend unberührt (vgl. auch RINGLER 1998, S. 28). Ausnahmen sind allenfalls bei bestehenden Bebauungen, umfangreichen tiefbaulichen Eingriffen und künstlichen Aufschüttungen gegeben. Die Grenzen zwischen einzelnen Geotopen können durchaus fließend verlaufen. Bei geomorphologischen Erscheinungen kommt es darüber hinaus auf die Prägnanz der Ausformung im Vergleich des landschaftstypischen Formeninventars an. Nach meinem Stand des Wissens (Fachliteratur sowie Auskunft der Aktionsgemeinschaft Binnendüne) stellen die Binnendünen im Norden von Bremen ein genetisch wie räumlich eng zusammenhängendes Ensemble äolischer Oberflächenformen dar. So sollten die Binnendünen nicht als einzelne Geotope sondern als Einheit bewertet werden. Es sollten möglichst nicht allein die Dünen als augenfällige Erhabenheiten in Schutz- und Pflegebewertungen Eingang finden, sondern auch die Zwischen- und Vorfeldräume, d.h. die Matrix des äolischen Reliefs. Auch wenn Deflationswanne in ihrer ursprünglichen Gesamtausdehnung nicht mehr vollkommen erhalten sein sollten (dies wäre zu prüfen), dokumentierten ihre verbliebenen Bereiche die genetische Verbundenheit einer Deflationsform (Sandauswehung) und zugehörigen Akkumulationsform (Sandablagerung). Nur in diesem Ensemble des Reliefinventars würde eine Maßnahme zum Schutz des äolischen Formenbestandes allen geomorphologischen Schutzansprüchen gerecht werden.

Zur Feststellung der Schutzbedürftigkeit sind die Gefährdungssituation und der Schutzstatus vergleichbarer Geotope heranzuziehen. Von Interesse sind hier vornehmlich bestandsbedrohende Kriterien. Anhand der von der AD-HOC-AG GEOTOPSCHUTZ (1996, S. 17) vorgeschlagenen Gefährdungsklassen „keine Gefährdung“, „geringe Gefährdung“, „erhebliche Gefährdung“ und „akute Gefährdung“ käme für das vorliegende Areal – bei aller Vorsicht und unter Beachtung einer meines Wissens noch ausstehenden geomorphologischen Geländeanalyse vor Ort – wahrscheinlich die Einstufung „erhebliche Gefährdung“ in Betracht. Die Begründung stützt sich insbesondere auf die Tatsache, dass bestandsgefährdende Zielvorgaben in fast allen Strukturkonzepten bei Bebauungsvorhaben vorliegen.

Der Schutzstatus vergleichbarer Geotope kann hier nur wie folgt abgeschätzt werden: „Mindestens ein vergleichbarer Geotop ist ausreichend geschützt“, allerdings liegen diese in weiter bis sehr weiter Entfernung. Wie bereits oben betont, bilden die Binnendünen der so genannten Bremer Schweiz (Bremen Nord) eine der wenigen (noch) nachweisbaren äolischen Reliefelemente nördlich von Bremen bzw. am Unterlauf der Weser. Aus der Schutzbedürftigkeit und dem Schutzstatus vergleichbarer Geotope leitet sich wiederum die Schutzbedürftigkeit des Geotops/Geotop-Ensembles ab. „Wenn ein vergleichbarer Geotop bereits ausreichend geschützt ist, kann die Schutzbedürftigkeit geringer eingestuft werden“ (ADHOC-AG GEOTOPSCHUTZ 1996, S. 18). Diese ausdrückliche „Kann“-Bemerkung erhält im vorliegenden Fall besondere Bedeutung, denn wie bereits beim Punkt „Anzahl gleichwertiger Geotope in der geologischer Region“ angeführt, reicht eine Binnendüne oder ein Binnendünen-Ensemble (ein Geotop) keinesfalls aus, um den hier im Vordergrund stehenden geomorphologischen Gesichtspunkt der hohen äolischen Formenvielfalt vollends dokumentieren zu können. Dazu bedarf es einer ganzen Reihe von Dünen und Dünengebieten. Da zudem der Binnendünenbestand im Bereich Bremen und Unterweser über Jahre und Jahrzehnte deutliche Schwund-Erscheinungen aufweist, tendiert die Abschätzung der Schutzbedürftigkeit des vorliegenden Binnendünen-Ensembles in Richtung „erheblich schutzbedürftig“, auch hier vorbehaltlich einer genaueren Untersuchung des Geländes.

Das aus dem geowissenschaftlichen Wert und der Schutzbedürftigkeit zu ermittelnde Gesamtergebnis der Abschätzung des Geotop-Ensembles führt zu einer Einstufung in die Schutzwürdigkeitskategorie „erhaltenswert“ oder sogar in die höchste Kategorie „schutzwürdig“. Dies bedarf jedoch der eingehenden Prüfung und Abwägung. Betont sei hier nochmals: Erhaltenswert bzw. schutzwürdig sind nicht nur äolische Vollformen (Erhebungen = Dünen), sondern auch ggf. vorhandene und auszuweisende Deflationswanne. Selbst randliche Eingriffe, d.h. vor allem Abgrabungen, Einebnungen oder Flächenversiegelungen an der Binnendünen-Peripherie würden den Charakter des äolischen Reliefs empfindlich stören.

 
 

5. Literatur

siehe kompletten Download