Archäologische Fundstellen in Bockhorn
Freie Hansestadt Bremen
Der Landesarchäologe
Hermann Witte
31. Mai 2006
Die frühesten bekannten Hinweise auf archälogische
Fundplätze in Bockhorn stammen aus dem Anfang des
20. Jahrhunderts. In den Mitteilungen des Vereins
für Naturkunde für Vegesack und Umgegend Nr. 2 von
1903, Seite 11, findet sich eine Nachricht
über einen Fundplatz in der Bockhorner Heide. Wo
dieser Platz dort genau lag, darüber gibt es keine
Angaben. Danach legte dort ein Herr Grävemäter
mehrere Urnen frei. Die Urnen waren im Boden mit
Steinpackungen umgeben und mit Urnenscherben
zugedeckt. Teilweise enthielten diese Grabgefäße
verbrannte Knochenreste, eine Urne enthielt zwei
bronzene Armringe, eine andere „Messer und
Pfriemen“. Über den Verbleib dieser Funde ist nichts
weiter bekannt
1925 wurde beim Sandabfahren auf dem hinteren
Grundstücksteil von Am Steending 112 von dem Lehrer
Seebeck eine weitere Urne gefunden.
1967
wurde sie dem Focke-Museum übergeben.
1935 kam im Abfuhrschutt einer alten Diele Am
Bodden 12 eine sog. Hammeraxt zum Vorschein.. Diese
aus Felsgestein geschliffene Axt stammt aus der sog.
Einzelgrabkultur. Das ist ein Abschnitt aus der
späten Jungsteinzeit, ca. um 2000 v. Chr. Der
Fundort dieser Axt ist nicht als primär anzusehen.
Das Stück ist wahrscheinlich mit Erdreich aus der
näheren Umgebung irgendwann auf das Gelände des
Bauernhofes gelangt.
1947 kam auf dem Grundstück des
Bohmhoff-Hofes das Bruchstück einer weiteren
Steinaxt zum Vorschein. Das Stück gilt
leider als verloren und näheres darüber ist
nicht bekannt.
1956 entdeckte der Schüler Wolfgang Meincke
zusammen mit seiner Schwester und den Geschwistern
Urban in einer kleinen Sandentnahmestelle hinter dem
Grundstück Am Steending 112 eine Urne, die im
Sandgrubenprofil steckte. Er benachrichtigte das
Focke-Museum. Von dort kann dann der Archäologe Dr.
Karl Heinz Brandt. Er untersuchte die Fundstelle. Er
und die Schüler und legten dabei noch einige weitere
Urnen und einzelne Scherben frei.
Bei einer kleineren Untersuchung durch das
Focke-Museum kamen 1958 einige weitere
Urnengefäße bzw. zerscherbte Gefäßreste zutage
Bei den Gefäßen handelt es sich um typische
Urnengefäßformen aus der mittleren und späten
Bronzezeit bzw. der frühen Eisenzeit, also aus einem
Zeitraum etwa zwischen 1300 und 700 v. Chr.
Unter den einzelnen Scherben, die dort geborgen
wurden, befanden sich auch Reste eines Gefäßes, das
deutlich älter als die Urnen ist. Diese Scherben
stammen aus dem Neolithikum und sind
wahrscheinlich in die gleiche Zeit einzuordnen wie
die 1935 gefundene Axt. Möglicherwiese sind sie auch
etwas älter und stammen aus der der Einzelgrabkultur
vorangehenden Zeit der sog. Tricherbecherkultur
(etwa 3000 v. Chr.). Dieses war die Zeit, in der die
Menschen die bekannten Großstein- oder auch
Megalithgräber errichteten.
In den 60er Jahren sind bei einigen amtlichen
Geländebegehungen auf dem Wölpscher Berg
Feuersteinabschläge aufgelesen worden.
Um für dieses wichtige archäologische Fundgebiet
eine besondere Schutzstellung zu erwirken, wurde es
durch senatorische Verordnung 1982 zu einem
Grabungsschutzgebiet erklärt. Dieses beinhaltet im
wesentlichen, daß sämtliche Erdarbeiten, die
Fundschichten gefährden können, also Arbeiten vom
einfachen Stubbenroden bis hin zu Sandabbau, nicht
ohne besondere Genehmigung durchgeführt werden
dürfen.
2000 begleiteten Mitarbeiter des
Landesarchäologen die Erdarbeiten für die Erstellung
des Golfplatzes. Dabei konnten sie in einem Bereich
von etwa 120 mal 180 m Reste eines
vorgeschichtlichen Siedlungsplatzes beobachten,
freilegen und dokumentieren. Es handelte sich dabei
um die für solche Siedlungen typischen auffälligen
Bodenverfärbungen, die beim Eingraben von Pfosten
und bei der Anlage verschiedener Siedlungsgruben
entstehen. Die aufgefunden Tongefäßresten datieren
diesen Platz in die späte Bronzezeit und frühe
vorrömische Eisenzeit, also in die Zeit in etwa von
800 bis 500 v. Chr.
Im selben Jahr wurde ein weiterer solcher Platz etwa
750 m weiter südwestlich bei der Erschließung des
Wohngebietes am Bodden-Süd festgestellt.
Weitere archäologische Fundstätten in dem Gebiet
liegen oder lagen vermutlich in dem Bereich
Bockhorner Weg/Ostlandstraße. Aus alten Flurkarten
geht hervor, daß es dort einst mehrere Grabhügel
gegeben haben könnte. Heute sind sie dort nicht mehr
vorhanden. Ihr ehemaliges Vorhandensein ist also
letztlich nicht sicher.
Zusammengefaßt liegt für das Gebiet in Bockhorn
folgende Situation archäologischer Fundstellen vor.
Aus der späten Jungsteinzeit und aus der
Bronze-/Früheisenzeit kennen wir im wesentlichen
drei Fundbereiche: den Wölpscher Berg, das Areal des
Golfplatzes westlich vom Bohmhoff und das Gebiet
Bodden-Süd. Auf der höchsten Erhebung in dem Bereich
legten die Menschen vor knapp dreitausend Jahren ein
Gräberfeld an. Sie verbrannten ihre Verstorbenen und
bestatten die Asche der auf den Scheiterhaufen
verbrannten Toten in Urnen, die sie in den Wölpscher
Berg hineingruben. Die Siedlungen dieser Leute
befanden sich zum einen knapp 300 m östlich und
knapp 500 m südwestlich davon in dem zur Aue hin
abfallenden Gelände.
Ein Großteil der einstmals vorhandenen Fundplätze
ist durch Sandabbau zerstört und nicht mehr
vorhanden. Ein kleiner Teil dieser Fundstellen und
der Funde daraus ist zufällig bekannt geworden. Ein
weiterer Teil der bekannten Fundplätze und
vermutlich auchbisher noch nicht bekannte Fundplätze
stecken mit großer Wahrscheinlichkeit noch im Boden.
Darauf ist bei allen weiteren Bauvorhaben in dem
Gebiet eine Rücksichtnahme unbedingt geboten. Das
muß um so mehr vor dem Hintergrund geschehen, daß
Fundplätze aus dieser Zeit zu den ganz seltenen
Bodendenkmälern nicht nur Bremen-Nords sondern des
gesamten weiteren Umkreises gehören.
Freie Hansestadt Bremen, der Landesarchäologe
Hermann Witte
(31. Mai 2006)
|